Einige der wichtigsten Themen, die diese Woche im Plenum des Bundestages beraten werden, möchte ich Ihnen hier kurz vorstellen. Insgesamt stehen diesmal 30 Tagesordnungspunkte (TOP) zur Debatte, für die jeweils bis zu 1,5 Stunden angesetzt sind. TOP 3: Mehr Schutz für Prostituierte
Ziel des Gesetzentwurfes, über den wir in erster Lesung beraten ist es, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Prostituierten zu stärken, die Arbeitsbedingungen der in der legalen Prostitution Tätigen zu verbessern und Kriminalität aus dem Bereich der Prostitution zu verdrängen. Erstmals soll es in Deutschland klare Regeln für die Prostitution geben, um die dort tätigen Frauen und Männer besser zu schützen. Kernelement des Gesetzentwurfs ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für die Betreiber von Prostitutionsstätten. Darunter fallen nicht nur Bordelle und bordellartige Betriebe, sondern auch alle anderen Erscheinungsformen gewerblicher Prostitution. Künftig muss jeder Betreiber ein Betriebskonzept vorlegen und sich einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen. Erstmals sollen auch Verpflichtungen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Damit sollen künftig verhindert werden, dass vorbestrafte Menschenhändler Bordell betreiben dürfen. Außerdem können menschenunwürdige oder ausbeuterische Betriebskonzepte, wie
Flatrate-Modelle, besser unterbunden werden. Bei Verstößen sieht der Gesetzentwurf Sanktionen bis zum Verlust der Erlaubnis und empfindliche Bußgelder vor. Für die Prostituierten sind eine persönliche Anmeldepflicht und eine regelmäßige gesundheitliche Beratung vorgesehen. Die Anmeldung gilt für zwei Jahre. Die gesundheitliche Beratung ist nach einem Jahr zu wiederholen. Für Prostituierte zwischen 18 und 21 Jahren muss allerdings die Anmeldung schon nach einem Jahr verlängert werden. Dazu ist eine halbjährliche Wahrnehmung der gesundheitlichen Beratung notwendig. Sie erhalten dadurch umfassenden Zugang zu Informationen über ihre Rechte und Pflichten und über vorhandene Unterstützungsangebote. Für die Umsetzung der Regelungen wird den Bundesländern ausreichend Zeit eingeräumt. Das Gesetz soll erst zum 1. Juli 2017 in Kraft treten.

TOP 5: An planmäßige Vertreibung und Vernichtung von Armeniern gedenken
Diese Woche beraten wir den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“. Der Antrag gedenkt der Opfer der Vertreibungen und Massaker an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten vor über hundert Jahren, die zur fast vollständigen Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich geführt haben. Zugleich bedauert er die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches, das als militärischer Hauptverbündeter des Osmanischen Reichs trotz eindeutiger Informationen nicht versucht hat, diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen. Die Bundesregierung wird u. a. dazu aufgefordert, weiterhin zu einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung mit der Vertreibung und fast vollständigen Vernichtung der Armenier 1915/1916 sowie der Rolle des Deutschen Reiches beizutragen. Mit dem Antrag würdigen wir darüber hinaus die Initiativen und Beiträge in den Bereichen von Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur auch in der Türkei, die die Versöhnung zwischen Armeniern und Türken zum Ziel haben. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bundesregierung sich weiterhin politisch engagiert, damit der stagnierende Prozess der historischen Aufarbeitung zwischen der Türkei und Armenien wieder in Gang kommt und eine Annäherung, Versöhnung und Verzeihen zwischen beiden Völkern erreicht werden kann. Nicht nur die historische Mitschuld Deutschlands gebietet dies, sondern auch unsere politische Verantwortung für eine bessere Zukunft der Menschen in der Region und in Europa.

TOP 7: Wir machen den Weg für offenes WLAN frei
Bislang mussten die privaten Betreiber von Hotspots für die Rechtsverletzungen ihrer Nutzer – etwa bei illegalen Downloads – haften. Wir stellen mit einer Änderung des Telemediengesetzes (TMG) rechtlich klar, dass Anbieter von offenen WLAN wie Restaurant-Besitzer, Landkreise und Kommunen, Vereine, Bibliotheken die gleichen Haftungsprivilegien wie Internetzugangsprovider genießen. Sie haften damit zukünftig nicht für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer. Das gilt für die straf-, verwaltungs- und zivilrechtliche Haftung sowie für die unmittelbare und mittelbare Haftung für Handlungen Dritter. Die Gefahr von Schadenersatzansprüchen oder Zahlung von Abmahn-
kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten begangenen Rechtsverletzungen gehört der Vergangenheit an. Mit dieser Änderung des Telemediengesetzes, die wir in dieser Woche in 2./3. Lesung beraten, machen wir den Weg für offene WLAN-Netze frei.

TOP 8: Berufliche Weiterbildung stärken
Trotz der guten Arbeitsmarktentwicklung haben gering Qualifizierte, Langzeitarbeitslose sowie ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Ziel des Gesetzes ist es deshalb, Aufstiegs- und Fachkräftepotenziale durch eine Fortentwicklung der Arbeitsförderung besser zu erschließen und gering Qualifizierte verstärkt für eine berufliche Weiterbildung zu gewinnen. Dafür wird unter anderem die Weiterbildungsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen fortentwickelt. Auch sollen Teilnehmer einer abschlussbezogenen beruflichen Weiterbildung zusätzlich motiviert werden, indem sie beim Bestehen einer vorgeschriebenen Zwischen- oder Abschlussprüfung Prämien von 1000 bzw. 1500 Euro erhalten.

TOP 16: Milchmarkt stabilisieren
Diese Woche verabschieden wir das Erste Gesetz zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes. Damit wird eine EU-Verordnung in deutsches Recht umgesetzt, die die schwierige Marktsituation für die Landwirte, insbesondere in der Milchproduktion, abfedern soll. Es soll wird die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass die Molkereien das Angebot besser steuern und den Milchpreis wieder anheben können. Demnach können anerkannte Agrarorganisationen sowie Genossenschaften und andere nicht anerkannte Formen von Erzeugervereinigungen im Milchsektor befristet für einen Zeitraum von sechs Monaten freiwillige gemeinsame Mengenvereinbarungen treffen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Vereinbarungen und Beschlüsse die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes nicht untergraben, sondern den Milchmarkt stabilisieren.

TOP 21: Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf auch für Staatsbedienstete
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung soll ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit und Pflegezeit für Beamtinnen, Beamte, Soldatinnen und Soldaten eingeführt werden. Damit wird das für die Privatwirtschaft und für Tarifbeschäftigte seit dem 1. Januar 2015 geltende Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf im Wesentlichen wirkungsgleich im Beamten- und Soldatenbereich nachvollzogen. Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, vorübergehend das Nebeneinander zweier Beamtenverhältnisse zu ermöglichen, falls der Wechsel in eine höhere Laufbahn oder eine andere Laufbahn derselben oder einer höheren Laufbahngruppe die Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes sowie die Ableistung einer neuen Probezeit erfordert. Darüber hinaus sollen aus Fürsorgegründen künftig Beamtinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten, die Opfer von Gewalttaten geworden sind und einen titulierten, aber mangels Zahlungsfähigkeit des Schädigers nicht durchsetzbaren Schmerzensgeldanspruch gegen den Schädiger haben, einen Anspruch auf Zahlung des Schmerzensgelds gegen ihren Dienstherrn erhalten. Der Anspruch der oder des verletzten Bediensteten gegen den Schädiger soll dann auf den Dienstherrn übergehen.

TOP 26: Integration fördern und fordern
Mit dem geplanten Integrationsgesetz werden erstmals verbindliche Regeln für Integration in Deutschland festgehalten. Der Gesetzentwurf verbessert die Angebote, zum Spracherwerb und fördert eine schnelle Eingliederung in den Arbeitsmarkt Gleichzeitig formuliert das geplante Gesetz die Pflicht, die aktive Beteiligung an diesen Angeboten ein.
Die Integration auf dem Arbeitsmarkt ist einer der Kernpfeiler für gesellschaftliche Integration. Das geplante Gesetz sieht daher ein Bündel von Maßnahmen vor, um die rasche Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu unterstützen: Für einen schnellen und sinnvollen Beschäftigungseinstieg legt der Bund ein Arbeitsmarktprogramm für 100.000 zusätzliche, gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten für Asylsuchende auf. Zudem wird die Förderung der Berufsausbildung gezielter ausgestaltet. Ausbildungsbegleitende Hilfen, die assistierte Ausbildung und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen sollen früher als bisher zur Verfügung stehen und die Berufsausbildungsbeihilfe und das Ausbildungsgeld geöffnet werden. Zudem wird die Vorrangprüfung befristet für drei Jahre bei Asylsuchenden sowie Geduldeten ausgesetzt. Die Bundesländer bestimmen dabei selbst, in welchen Arbeitsagenturbezirken die Regelung abhängig von der Arbeitsmarktlage zum Tragen kommt. Darüber hinaus soll es Rechtssicherheit für Flüchtlinge in Ausbildung und die auszubildenden Betriebe geben: Der Aufenthaltsstatus von geduldeten Auszubildenden in schulischer und betrieblicher Ausbildung wird so geregelt, dass eine Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung gelten wird. Bei anschließender ausbildungsadäquater Beschäftigung wird ein Aufenthaltsrecht für zwei weitere Jahre erteilt (sog. „3+2-Regel“). Die derzeit hierfür gültige Altersgrenze von 21 Jahren wird aufgehoben.
Um den raschen Spracherwerb besser zu fördern, erleichtert das geplante Gesetz den Zugang zu den Integrationskursen für Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive. Unter Beibehaltung der Sprachkursanteile soll die Wertevermittlung in den Integrationskursen deutlich von 60 auf 100 Unterrichtseinheiten aufgestockt werden. Zudem sollen die Wartezeiten bis zum Zustandekommen eines Integrationskurses von bisher drei Monaten auf sechs Wochen verkürzt. Kursträger sind zudem künftig verpflichtet, ihr Kursangebot sowie freie Kursplätze zu veröffentlichen.
Der Gesetzentwurf sieht gleichzeitig Anreize für einen schnellen Erwerb der deutschen Sprache und die frühe Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Die Kriterien zur Erteilung des Daueraufenthaltsrechts sollen künftig gestaffelt werden. Wer sich beim Spracherwerb und der Integration in den Arbeitsmarkt anstrengt, soll etwas davon haben. Die Anforderungen an die Integrationsleistungen berücksichtigen jedoch die besondere Situation von Flüchtenden, die nicht mit denen der Arbeitsmigration gleichzusetzen sind. Bereits nach drei Jahren wird Flüchtlingen eine Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen (Sprachniveau C1) und ihren Lebensunterhalt weit überwiegend selbst sichern. Nach fünf Jahren erhalten Flüchtlinge eine Niederlassungserlaubnis, wenn sie es schaffen, neben weiteren Kriterien hinreichende deutsche Sprachkenntnisse (Sprachniveau A2) vorzuweisen und ihren Lebensunterhalt überwiegend zu sichern. In bestimmten Härtefällen wird von diesen Voraussetzungen abgesehen. Mit der Einführung einer befristeten Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge und Asylsuchende soll den Bundesländern die Möglichkeit gegeben werden, die Verteilung von Schutzberechtigten besser zu steuern. Die SPD hat darauf geachtet, dass diese Regelung einer schnellen Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht entgegensteht: Wer eine Berufs- bzw. Hochschulausbildung oder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt, die den durchschnittlichen Bedarf einer Einzelperson in der Grundsicherung für Arbeitsuchende für Regelbedarf und Kosten der Unterkunft deckt, ist deshalb von der Wohnsitzzuweisung ausgenommen.

Weitere Informationen zur aktuellen Plenarsitzungswoche gibt es hier: http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/tagesordnungen