Einige der wichtigsten Themen, die diese Woche im Plenum des Bundestages beraten werden, möchte ich Ihnen hier kurz vorstellen. Die verschiedenen Tagesordnungspunkte (TOP) werden jeweils für bis zu 1,5 Stunden debattiert. TOP 1-4 und 25: Klimaschutz wird Gesetz
Wir haben uns im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, die Klimaschutzziele von Paris einzuhalten. Das ist unser Beitrag, um die Erderwärmung bis 2050 auf 2 Grad Celsius, möglichst aber auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Alle beteiligten Staaten des Pariser Klimaschutzabkommens, also auch Deutschland, haben sich völkerrechtlich dazu verpflichtet. Darum hat die Bundesregierung am 9. Oktober 2019 das Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen und das Bundes-Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Beide Beschlüsse tragen mit verbindlichen Regelungen und mutigen Investitionen dazu bei, die Klimaschutzziele Deutschlands zu erreichen. Nichts weniger als unsere Antwort auf eine der größten aktuellen Menschheitsaufgaben steht diese Sitzungswoche im Mittelpunkt der parlamentarischen Beratungen.
Das Bundes-Klimaschutzgesetz (TOP 1) ist das Herzstück unserer Klimaschutzmaßnahmen um langfristig bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Es definiert erstmals in der Geschichte unseres Landes gesetzlich verbindliche Klimaschutzziele für die einzelnen Sektoren bis 2030, die auch für zukünftige Regierungen verpflichtend sind. Jährlich wird kontrolliert, ob bei Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, Energie und Industrie ausreichend Treibhausgase eingespart werden oder ob nachgelegt werden muss. Das wird auf dieser gesetzlichen Grundlage jährlich vom Bundesumweltamt erfasst und von einem unabhängigen Expert*innenrat überprüft.
Die Einführung eines Brennstoffemissionshandel (TOP 2) ist ein wichtiger Baustein um die Ziele zu erreichen. Künftig sind die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel gedeckelt und mit einem ansteigenden Preis versehen. Dafür führen wir ab 2021 ein sogenanntes nationales Emissionshandelssystem für die Sektoren Wärme und Verkehr ein. Verlässliche Preise für schädliche Treibhausgase werden es Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen ermöglichen, sich auf die Entwicklung einzustellen. Zu Beginn wird die Tonne CO2 10 Euro kosten und bis 2025 auf 35 Euro pro Tonne steigen. Das bedeutet: Klimaschädliche Alternativen werden moderat, aber stetig teurer. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden vollständig in Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert oder den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben. Beispielsweise wird die EEG-Umlage Jahr für Jahr um etwa eine Milliarde Euro gesenkt, wodurch die Strompreise sinken und klimafreundliche Alternativen künftig günstiger werden. Und wir erhöhen das Wohngeld und sorgen dafür, dass der CO2-Preis nicht vollumfänglich auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden darf, da sie nur begrenzten Einfluss auf ihre Heizkosten haben.
Der Umbau zu einer klimaneutralen Gesellschaft kann nur gelingen, wenn er solidarisch abläuft und wir einen ausgewogenen und sozial gerechten Weg gehen.
Das Klimaschutzprogramm 2030 setzt die klimapolitischen Ziele unter diesen Vorgaben in konkrete Maßnahmen um. Insgesamt stellen wir 54 Mrd. Euro in den nächsten vier Jahren zur Verfügung, um in saubere Mobilität und Energieversorgung, in effiziente Gebäude und in Forschung und Entwicklung zu investieren. Diese Woche stehen insbesondere die steuerlichen Änderungen, die sich aus dem Klimaschutzprogramm 2030 ergeben, im Mittelpunkt der parlamentarischen Beratungen (TOP 3). Das beginnt bei der steuerlichen Förderung für energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum, Entlastungen für Pendlerinnen und Pendler und hört bei der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets von 19% auf 7% für mehr klimafreundliche Mobilität noch lange nicht auf. Im Gegenzug zu günstigeren Bahnpreisen werden Flüge teurer. Denn wir wollen alle Bürgerinnen und Bürger unterstützen, sich für klimafreundliche Alternativen entscheiden zu können. Das wird unter anderem mit der Änderung des Luftverkehrssteuergesetzes (TOP 4) verfolgt. Insgesamt werden über die Umsetzung des Klimaschutzprogramms im Steuerrecht weitere Einzelmaßnahmen und steuerliche Änderungen auch in anderen Gesetzen vorgenommen. Ein Beispiel dafür ist die steuerliche Förderung der Anschaffung eines Elektroautos.
Klimaschutz betrifft alle Bereiche unseres Alltags. Darum haben wir auch ein so umfassendes Klimapaket geschnürt. Wir haben viele für uns wichtige Punkte gegen teils große Widerstände in den Verhandlungen durchgebracht. Es gibt nun einen gesetzlich verbindlichen Reduzierungsweg für Treibhausgase, an dem nicht zu rütteln ist. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitzunehmen. Das Klimaschutzprogramm 2030 ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer innovativen, wirtschaftlich erfolgreichen, sozial gerechten und klimaneutralen Gesellschaft. Weitere Wegmarken werden folgen. Wir sind bereit diese zu setzen.

TOP 5 und 27: Strafverfahren modernisieren
Diese Woche beraten und verabschieden wir das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens. Das Gesetz enthält wichtige Regelungen für ein modernes Strafverfahren und zur Beschleunigung von Strafprozessen, ohne dabei die Rechte von Beschuldigten einzuschränken.
Bei Strafprozessen mit vielen Geschädigten können Gerichte den Nebenklägern künftig einen gemeinschaftlichen Anwalt beiordnen, wenn die Kläger gleiche Interessen haben. Auch wird die Möglichkeit, den Prozess durch missbräuchliche Befangenheitsanträge oder Beweisanträge zu verzögern, deutlich eingeschränkt. Allen Verfahrensbeteiligten ist künftig die Gesichtsverschleierung vor Gericht verboten, es sei denn, die Gesichtsverdeckung ist aus Gründen des Zeugenschutzes notwendig.
Um Opferzeugen bei Sexualstraftaten belastende Mehrfachvernehmungen zu ersparen, soll ihre Vernehmung bereits im Ermittlungsverfahren durch einen Richter oder eine Richterin erfolgen und audiovisuell aufgezeichnet werden. Die Möglichkeiten der DNA-Analyse sollen weitreichender genutzt werden können. Zukünftig sollen auch Feststellungen über Haar-, Haut- und Augenfarbe sowie das Alter der Person getroffen werden können. Dies kann unter anderem die Erstellung von Phantombildern erleichtern.
Um die Fortsetzung von Prozessen auch während der Zeiten des gesetzlichen Mutterschutzes zu ermöglichen und Einschränkungen beim Einsatz von Richterinnen in umfangreichen Strafverfahren entgegenzuwirken, haben wir die Fristen zur Unterbrechung der Hauptverhandlung mit den Schutzfristen des Mutterschutzes und der Elternzeit harmonisiert.
Diese Gesetzesänderungen sind sinnvoll, aber nur ein Mittel für moderne und zügige Strafverfahren. Entscheidend ist, dass der Pakt für den Rechtsstaat zwischen Bund und Ländern umgesetzt wird und die hier vereinbarten 2.000 zusätzlichen Richter und Staatsanwälte tatsächlich von den Ländern eingestellt werden.
TOP 8: Mehr Steuergerechtigkeit durch die Abschaffung des Soli
Der Zusammenhalt in unserem Land hängt von der wirtschaftlichen und sozialen Sicherheit der Bevölkerung ab. Deshalb schaffen wir nun den Soli für 90 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ab. Die reichsten zehn Prozent sollen den Soli weiterzahlen – in voller Höhe sogar nur die 3,5 Prozent der Reichsten. Sie sollen ihren Beitrag leisten, damit wir in die Zukunft investieren können: in Chancen für unsere Kinder, in Klima-schutz, Forschung und Entwicklung. Für Zusammenhalt und ein zukunftsfähiges Land.
Darüber hinaus brauchen wir auch eine vernünftige Besteuerung sehr großer Vermögen. Es geht um Multimillionäre und Milliardäre. Sie sollen einen größeren Anteil für die nötigen Investitionen beitragen - für die Infrastruktur, für bezahlbares Wohnen und für den Klimaschutz und damit Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen weniger Steuern zahlen. Damit alle, die sich anstrengen, ihren Anteil am Wohlstand haben. Und damit wir die unterstützen können, die es brauchen. Wir wollen mehr für viele! Ein Land, das zusammenhält.

TOP 10: Masern zurückdrängen – die Impfung verpflichtend machen
Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen. Im Jahr 2018 kam es weltweit zu einer Verdoppelung der Masernfallzahlen. Bis Ende Mai wurden dem Robert-Koch-Institut bereits 420 Masernfälle in Deutschland für das Jahr 2019 gemeldet. Dabei stehen zur Prävention gut verträgliche hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, die eine langfristige Immunität vermitteln.
Um die Anzahl der Masernfälle langfristig zu reduzieren, beraten und beschließen wir diese Woche den Gesetzentwurf für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kinder und Mitarbeiter*innen in Kitas und Schulen, Personal in medizinischen Einrichtungen und auch Menschen und Personal in sogenannten Gemeinschaftseinrichtungen künftig geimpft sein müssen. Darunter fallen Asylbewerberheime, Flüchtlingsunterkünfte und auch Ferienlager.
Nachgewiesen werden kann die Impfung beziehungsweise Immunität durch den Impfausweis – zukünftig auch in digitaler Form vorhanden – oder durch ein Attest vom Arzt. Ausgenommen sind Menschen, die einen ärztlichen Nachweis vorlegen können, dass bei ihnen eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam ist. Jeder Arzt – mit Ausnahme des Zahnarztes – soll die Impfung durchführen können. Wer gegen die Pflicht zum Nachweis einer Masernimpfung verstößt, dem droht ein Bußgeld. Das Gesetz soll am 1. März 2020 in Kraft treten.

TOP 15: Nachhaltige Mobilitätsforschung für die Zukunft: innovativ, technologieoffen, ressortübergreifend
Mobilität ist das Rückgrat unserer Gesellschaften. Sie ermöglicht Produktion, Handel, Zugang zur Arbeitswelt und soziale Teilhabe im urbanen und ländlichen Raum. Deshalb ist die Weiterentwicklung der Mobilität in einer sich wandelnden Welt auch unverzichtbar. Wir müssen Mobilität nachhaltiger machen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Gleichzeitig ist die Mobilitätsforschung ein Treiber von neuen Technologien und Innovationen in Dienstleistungen und Infrastrukturen und stärkt somit den Industriestandort Deutschland. In dem gemeinsamen Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD und CDU/CSU, den wir diese Woche beraten, begrüßen wir, dass die Bundesregierung in die Forschung und Erprobung neuer nachhaltiger urbaner Mobilitätssysteme investiert und eine stärkere Kopplung des Mobilitätssektors mit anderen Sektoren wie Energie, Umwelt/Klima, Arbeit, Handel und Produktion, Stadtentwicklung, Big Data und Telekommunikation vorantreibt. Wir fordern die Bundesregierung aber auch auf, eine ressortübergreifende Strategie „Mobilitätsforschung“ zu erarbeiten, mit der neue Mobilitätskonzepte für städtische und ländliche Räume entwickelt und schnell umgesetzt werden können. Außerdem sollte sie prüfen, inwiefern Forschung zu Mobilitätskonzepten für ländliche Räume beitragen kann, zum Beispiel mit einem besser ausgestatteten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und alternativen Angeboten wie Bürgerbussen, Pooling- und Sharing-Modellen.

TOP 29: Bund unterstützt Länder und Kommunen bei den Integrationskosten
In dieser Wahlperiode hat der Bund zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung der Länder und Kommunen auf den Weg gebracht, z. B. bei der Kinderbetreuung, dem sozialen Wohnungsbau oder bei der Modernisierung der kommunalen Infrastruktur. Auch im Bereich der Integrationskosten, die den Ländern und Kommunen, z. B. bei der Unterbringung, Verteilung und Versorgung von Asylsuchenden oder der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge entstehen, übernimmt der Bund seit 2016 Verantwortung. In den Jahre 2016 bis 2018 wurden den Ländern dafür jährlich 2 Milliarden Euro als Integrationspauschale sowie eine Entlastung (670 Euro je Verfahrensmonat) im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung gestellt.
In den kommenden zwei Jahren will der Bund die Kommunen nun vollständig von den Kosten für Unterkunft und Heizung für anerkannte Asyl- und Schutzbedürftige entlasten. Zudem stellt er den Ländern für 2020 eine Integrationspauschale in Höhe von 700 Millionen Euro und für 2021 in Höhe von 500 Millionen Euro im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung.
Außerdem verbessern wir mit dem "Pakt für den Rechtsstaat“ die Personalausstattung der Justiz. Die Länder sollen im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2021 insgesamt 2.000 neue Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte schaffen und besetzen. Der Bund wird den Ländern zu diesem Zwecke in den nächsten Beiden Jahren insgesamt Mittel in Höhe von 220 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Weitere Informationen zur aktuellen Plenarsitzungswoche gibt es hier:
http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/tagesordnungen